Abacus kamen aus Hamm und haben in den 70er Jahren vier LPs für das Polydor-Label eingespielt, zwei davon für deren Unterlabel Zebra (siehe "AR3"). Abacus hatten, vor allem auf ihrem zweiten bis vierten Album, einen durchaus einfallsreichen, doch reichlich unprogressiven Mainstreamrock mit bisweilen deutlichem Country-Einschlag im Angebot (letzteres vor allem auf dem letzten Album "Midway"). Ihr hier rezensierter Erstling bewegt sich dagegen deutlich in klassisch-progressiven Gefilden und bietet einen orgellastigen Klassikrock, der aber auch Folk- und Jazzeinflüsse aufweist.
Abacus hatten mit Chris Williams einen britischen Sänger, der recht angenehm und melodisch sein Organ erklingen lässt. Dazu kommen das dominante Orgelspiel von Christof Barutzky (der aber auch gelegentlich in die Tasten eines E-Pianos bzw. eines Synthesizers greift), die oft marschartig dahinschreitende Rhythmusabteilung und das eher zurückhaltende Gitarrenspiel von Hans-Rolf Schade.
Mit den beiden Teilen von "PipeDream Revisited" geht das Album mit einem deutlich von der Klassik beeinflussten Orgelprog los. Hymnisch gleitet die Musik dahin, gerät ab und an in rauere Hardrockgefilde, weist einige elegisch-verträumte Abschnitte auf, rockt aber meist von der Orgel getragen symphonisch-progressiv dahin. Auch "Capuccino" (eine Instrumentalnummer) und "Don't Beat So On The Horses" bieten ähnliche Klänge, wobei Gitarrist Schade in "Capuccino" etwas aus sich herausgeht und ab und zu sein Instrument jaulen und krachen lässt. Mit "Song For Brunhilde" wird es dann folkig. Akustikgitarren schrammeln, eine Sitar erklingt und Williams singt dezent dazu. "Song For John and Yoko" ist dagegen eine recht normale, stellenweise etwas ordinäre Rocknummer.
"Radbod Blues" bietet dann einen psychedelischen, schrägen Bluesrock, inklusive Schlagzeugsolo und ein paar jazzigen Einlagen am E-Piano. Auch das abschließende "Chestholder" beginnt jazzig, mit entspannt durcheinanderpurzelnden Linien von Akustikgitarren, Gesang, Bass und Orgel, ehe das Stück in der zweiten Hälfte aus den Fugen gerät und sich in ein etwas wirres Durcheinander zu verwandeln, in dem Fragmente der vorher zu hörenden Nummern kurz wieder auftauchen und allerlei Soundfetzen durchs Klangbild heulen und jaulen.
"Abacus" ist eine sehr ordentliche Scheibe, die eher wie das Produkt einer britischen (Proto)Progband wirkt, als das einer deutschen Formation. Sonderlich krautig, holprig, schräg oder experimentell geht es hier nicht zu. Dafür wird auf hohem Niveau sehr qualitätvoll, wenn auch nicht extrem einfallsreich oder eigenständig musiziert. Schade, dass die Band mit ihren folgenden Alben deutlich vom progressiven Weg abgekommen ist. Ihr Erstling bleibt aber eine nette Sammlungsergänzung für Liebhaber des frühen Progs der 70er Jahre. (Quelle: www.babyblaue-seiten.de, Achim Breiling) |